1 Weiter sprach der HERR zu Mose: Hau dir zwei steinerne Tafeln zurecht wie die ersten! Ich werde darauf die Worte schreiben, die auf den ersten Tafeln standen, die du zerschmettert hast.
2 Halte dich für morgen früh bereit! Steig am Morgen auf den Sinai, und dort auf dem Gipfel des Berges stell dich vor mich hin!
3 Niemand soll mit dir hinaufsteigen; auch soll sich kein Mensch auf dem ganzen Berg sehen lassen, und kein Schaf oder Rind soll am Abhang des Berges weiden.
4 Da hieb Mose zwei Tafeln aus Stein zurecht wie die ersten. Am Morgen stand Mose zeitig auf und ging auf den Sinai hinauf, wie es ihm der HERR aufgetragen hatte. Die beiden steinernen Tafeln nahm er mit.
5 Der HERR aber stieg in der Wolke herab und stellte sich dort neben ihn hin. Er rief den Namen Jahwe aus.
6 Der HERR ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue:
7 Er bewahrt Tausenden Huld, nimmt Schuld, Frevel und Sünde weg, lässt aber (den Sünder) nicht ungestraft; er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation.
8 Sofort verneigte sich Mose bis zur Erde und warf sich zu Boden.
9 Er sagte: Wenn ich deine Gnade gefunden habe, mein Herr, dann ziehe doch mein Herr mit uns. Es ist zwar ein störrisches Volk, doch vergib uns unsere Schuld und Sünde, und lass uns dein Eigentum sein!
10 Da sprach der HERR: Hiermit schließe ich einen Bund: Vor deinem ganzen Volk werde ich Wunder wirken, wie sie auf der ganzen Erde und unter allen Völkern nie geschehen sind.
Dieser Szene gehen in der Exoduserzählung schwere Krisenzeiten voraus: Das Volk hat sich von Gott abgewandt und sich das Goldene Kalb geschaffen (Ex 32). Mose zerbricht aus lauter Zorn die Tafeln, die Gott geschrieben und ihm gegeben hatte. Der Bund ist gebrochen! Nun geht es darum, die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk wiederherzustellen.
Die Selbstvorstellung Gottes als „barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue“ (V. 6) kommt mehrfach im Alten Testament vor – meist in Texten, in denen Gott seine Meinung ändert – und bildet einen Grundton des biblischen Gottesbildes. Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: „Ein mitfühlender, gnädiger Gott bin ich, langmütig, treu und wahrhaftig“. Nachdem zunächst der Gottesname „Ich bin (für Euch) da“ genannt wird, wird das Wesen Gottes beschrieben und sein Name näher entfaltet.
Im Vordergrund stehen die Barmherzigkeit und Gnade Gottes, die unermesslich groß, d.h. in ihrem Ausmaß für Menschen nicht nachvollziehbar sind. Darauf deuten die tausend Generationen hin. Das heißt aber nicht, dass Gott nur „lieb“ ist und über die Sünde hinwegschaut. „Verfolgen“ (V. 7) kann man besser übersetzen mit „nicht aus der Haftung entlassen“. Es geht darum, ob die nächste Generation aus den Fehlern der vorausgehenden lernt. Drei bis vier Generationen stehen für die Höchstzahl der Generationen, die unter einem Dach leben und die ein Einzelner kennen kann.