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Ex 22,20-26; 23,1-12: Aufatmen – Gerechtigkeit einüben

20 Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten, denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen.

21 Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen.

22 Wenn du sie ausnützt und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören.

23 Mein Zorn wird entbrennen, und ich werde euch mit dem Schwert umbringen, so dass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden.

24 Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Wucherer benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Wucherzins fordern.

25 Nimmst du von einem Mitbürger den Mantel zum Pfand, dann sollst du ihn bis Sonnenuntergang zurückgeben;

26 denn es ist seine einzige Decke, der Mantel, mit dem er seinen bloßen Leib bedeckt. Worin soll er sonst schlafen? Wenn er zu mir schreit, höre ich es, denn ich habe Mitleid.

23,1 Du sollst kein leeres Gerücht verbreiten. Biete deine Hand nicht dem, der Unrecht hat, indem du als falscher Zeuge auftrittst.

2 Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsverfahren nicht so aussagen, dass du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst.

3 Du sollst auch den Geringen in seinem Rechtsstreit nicht begünstigen.

4 Wenn du dem verirrten Rind oder dem Esel deines Feindes begegnest, sollst du ihm das Tier zurückbringen.

5 Wenn du siehst, wie der Esel deines Gegners unter der Last zusammenbricht, dann lass ihn nicht im Stich, sondern leiste ihm Hilfe!

6 Du sollst das Recht des Armen in seinem Rechtsstreit nicht beugen.

7 Von einem unlauteren Verfahren sollst du dich fernhalten. Wer unschuldig und im Recht ist, den bring nicht um sein Leben; denn ich spreche den Schuldigen nicht frei.

8 Du sollst dich nicht bestechen lassen; denn Bestechung macht Sehende blind und verkehrt die Sache derer, die im Recht sind.

9 Einen Fremden sollst du nicht ausbeuten. Ihr wisst doch, wie es einem Fremden zumute ist; denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen.

10 Sechs Jahre kannst du in deinem Land säen und die Ernte einbringen;

11 im siebten sollst du es brach liegen lassen und nicht bestellen. Die Armen in deinem Volk sollen davon essen, den Rest mögen die Tiere des Feldes fressen. Das gleiche sollst du mit deinem Weinberg und deinen Ölbäumen tun.

12 Sechs Tage kannst du deine Arbeit verrichten, am siebten Tag aber sollst du ruhen, damit dein Rind und dein Esel ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde zu Atem kommen.

Blicke auf den Text:

  • Von welchen Menschen und Situationen handeln die Gebote?
  • Welche Begründungen werden für die Gebote gegeben?

Blicke auf das Leben:

  • Auf welche Menschen und Situationen heute lenkt der Text meinen Blicke?
  • Der Text skizziert Grundregeln für eine gerechte Gesellschaft. Welche Grundregeln sind mir für unsere Gemeinde wichtig?

Zum Weiterlesen:

  • Der Gesamtzusammenhang: Ex 21,1 – 22,19; Ex 23,14-33
  • Der Einsatz für die Unterdrückten bei den Propheten: Mi 2,1-11; 7,1-6
  • Die Bündelung der Gebote durch Jesus: Mt 22,34-40

Informationen zum Text:

In dieser Rechtssammlung wird konkret, was es heißt, als befreites Volk zu leben: nämlich die Gesellschaft so zu gestalten, dass alle Menschen Befreiung erfahren können und „zu Atem kommen“ (23,12). Das hebräische Wort für „zu Atem kommen“ leitet sich von näfäsch ab, was mit „Kehle“, „Seele“ oder „Wesen“ übersetzt werden kann. Es meint vor allem das, was uns Mensch sein lässt, was uns als Mensch ausmacht.

Die Sorge gilt vor allem Fremden, Witwen und Waisen, aber auch Armen und Feinden. Fremde, Witwen und Waise sind die Randgruppen der altorientalischen Gesellschaft schlechthin. Ihnen fehlt jede soziale und wirtschaftliche Sicherheit. Auch heute sind sie oft die, die als erste ausgegrenzt werden oder durch das soziale Netz fallen.

Die Rechtssammlung ist keine beliebige. In ihr wird Gott mit großem Engagement sichtbar. Er stellt sich wie in Ex 3,7 als der Gott vor, der auf Klageschreie hört und reagiert (22,22 und 26). Wenn es um das Recht der Unterdrückten geht, ist Gott kompromisslos und lässt sich zu einer der stärksten Drohungen der Bibel hinreißen (22,23). Sein Zorn ist aber nicht willkürlich, sondern entspringt seinem Mitleid (22,26) mit den Armen.